tendenzieller Fall der Profitrate

tendenzieller Fall der Profitrate
1. Charakterisierung: Ricardo und  Marx zufolge verschlechtern sich die Gewinnerzielungsmöglichkeiten und damit die  Profitrate (Kapitalrentabilität) in einer privatwirtschaftlichen Marktwirtschaft im Zeitverlauf zwangsläufig.
- 2. Ursachen: a) Für Ricardo ist Ursache der Bevölkerungszuwachs und der dadurch steigende Nahrungsgüterbedarf. Zu dessen Deckung müssen immer mehr und damit vermehrt Böden mit geringerem Ertrag bearbeitet werden. Hierdurch sinken die landwirtschaftlichen Durchschnittserträge und steigen die Lebensmittelpreise. Deswegen müssen die Arbeitslöhne, die dem  Existenzminimum entsprechen, angehoben werden. Unter der Annahme, dass die Löhne schneller steigen als die Arbeitsproduktivität, bewirkt dies eine Schmälerung der Unternehmergewinne und damit ein Sinken der Profitrate.
- b) Marx sieht als Ursache den seiner Meinung nach ausschließlich Arbeitskräfte sparenden technischen Fortschritt an, der zu einer steigenden Kapitalintensität (bzw. Zunahme der  organischen Zusammensetzung des Kapitals) führt. Da der Marx'schen  Arbeitswertlehre zufolge nur die menschliche Arbeit wertschöpfend ist ( Mehrwerttheorie), sinkt bei zunehmender Kapitalintensität und (unterstellter) konstanter Mehrwertrate die Profitrate (definiert als das Verhältnis von Mehrwert (Profit) zu insgesamt eingesetztem  konstantem Kapital und  variablem Kapital). Der Profitratenfall zwingt die Unternehmer zu einer Erhöhung der  Ausbeutung (Anstieg der Mehrwertrate), zu verstärktem Kapitaleinsatz, um die geringere Kapitalrentabilität durch eine größere Gewinnsumme zu kompensieren sowie zur Anwendung der fortschrittlichsten (Arbeitskräfte sparenden) Technologie. Dadurch lässt sich der t.F.d.P. jedoch nicht aufhalten, sondern verstärkt sich nur noch weiter.
- 3. Bedeutung: Die Marx'sche Theorie des t.F.d.P. als tragendes Fundament seiner These vom zwangsläufigen Zusammenbruch des  Kapitalismus ( Krisentheorie) steht im Widerspruch zu seiner Arbeitswertlehre als Basis der Ausbeutungstheorie: Ihr zufolge müssten die Unternehmer nur möglichst arbeitsintensiv produzieren, da sie dann entsprechend viel Mehrwert erzielen könnten. Darüber hinaus nennt Marx eine Reihe von gegenläufigen Tendenzen, die den Profitratenfall möglicherweise über- und damit verdecken (neben der erhöhten Ausbeutung u.a. Verbilligung der Kapitalgüter im Zuge des technischen Fortschritts, Sinken der Importpreise oder beschleunigter Kapitalumschlag). Derartige Gegentendenzen zeigen, dass Marx zum Nachweis der Gültigkeit des „Gesetzes“ nur eine von vielen denkbaren Möglichkeiten herausgegriffen hat. Empirisch lässt sich das längerfristige Sinken der Kapitalrentabilität nicht nachweisen, vielmehr schwankt sie im Konjunkturverlauf.

Lexikon der Economics. 2013.

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